In Rurutu

16. Februar 2021 – Der lächerlich kleine Hafen von Moerai ist mit zwei Yachten eigentlich überfüllt. Zweifelnd ziehen wir einige Kreise, bevor unser Anker neben der „Artemis“ fällt.

Wäre kein ruhiges Sommerwetter, der Passat legt gerade eine Pause ein, könnten wir die Aktion vergessen. Bei Nordwestwind steht Nomads Heck genau in der Hafeneinfahrt. Gar nicht nach meinem Geschmack und weit entfernt von einem Wohlfühl-Ankerplatz.

Rurutu überrascht. Die Insel mit der Kontur des afrikanischen Kontinents liegt 350 Seemeilen südlich von Tahiti, gehört zu den Australs und zählt zu einem der größten gehobenen Atolle im Südpazifik. Mit einem Alter von 11 Millionen Jahren sollte die Insel schon längst auf Meeresniveau erodiert sein, wäre sie nicht vor vier Millionen Jahren durch die Bewegung tektonischer Platten in die Höhe bugsiert worden. So entstanden Steilwände im Korallenriff, die von zahlreichen Höhlen durchsetzt sind.

Unser Kühlschrank hat nun endgültig den Geist aufgegeben, und ich fühle mich zurückversetzt in die Zeit unserer ersten Weltumsegelung, als wir acht Jahre ohne Eiskasten unterwegs waren. Wie haben wir das damals nur geschafft? Ich weiß es nicht mehr. Zum Glück gibt es hier beim Markt ein Kühlhaus, von dem ich jeden Morgen einen Sack Eiswürfel hole. Doch Moerai versöhnt. Der rotseidene Abendhimmel über dem kleinen Dorf, dem etwas Romantisches, ja Verlorenes anhaftet. Blumengärten, Grapefruit-, Zitronen- und Avocadobäume, Kaffeesträucher, entzückende Steinhäuser, bunte Vorhänge in den Fenstern, freundliche Menschen, verschmuste Hundegangs, ein wunderlich friedliches Leben. Wie Moorea vor 30 Jahren.

Wir borgen uns Mountainbikes von Artemis aus, Heidi und Neill sind das genaue Gegenteil von mir: nämlich echte Fahrradprofis. Ich bin in Wien aufgewachsen, habe erst spät mit dem Radeln begonnen und trete bei diesem fleckenlos blauen, unerbittlich glühenden Himmel schwer in die Pedale. Tja, ein Rad-Crack wird nicht mehr aus mir. Wir fahren bis Ana Aeo, auch Mitterand Höhle genannt, weil der französische Staatspräsident Francois Mitterand sie 1990 besuchte. Ein Sonnenstrahl blinzelt durch ein Loch in der Höhlendecke und beleuchtet riesige Stalaktiten und Stalagmiten mit überirdischem Zauberlicht. Irgendwo gackern Hühner. Eine Brise kühlt sacht meine Haut.

Unseren nächsten Ausflug unternehmen wir wieder zu Fuß. Rauf auf den höchsten Berg (Taatioe, 389 Meter) und an die Westküste nach Avera. Die große Meeresbucht verführt zum Träumen, aber wegen hoher Brandung nicht zum Ankern. Am Retourweg nehmen uns drei Burschen mit dem Auto mit. Als wir mit Covid-Masken in den Wagen steigen, scherzen sie: „In Rurutu gibt es kein Corona, denn hier wird nicht getestet!“ Ach, diese bedenkenlos lächelnden Polynesier, ihre Nonchalance, ihr Fatalismus im Umgang mit der Wirklichkeit. Hat Leichtigkeit damit zu tun, dass man die Außenwelt einfach wegblendet?

Tipps Rurutu:

Der einzige Hafen (Moerai) der Insel liegt an der Nordostküste und ist den Passatwinden voll ausgesetzt. Das winzige Hafenbecken wird derzeit vergrößert, hier entsteht eine Mini-Marina.

Im Hauptort Moerai gibt es drei Lebensmittegeschäfte, einen Markt, eine Boulangerie, die abends Pizza verkauft, eine Tankstelle und ein Postbüro, Internet ist wie überall auf den Austral Inseln schneckenlangsam.

Bei starkem Passat ankert man besser an der Westküste der Insel in der Bucht von Avera auf offener Reede.