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Wild, windig, wellig

veröffentlicht am: 09. Dezember 2023 | Doris Renoldner

Hola amigos aus der Baja California! Eine fast 1000 Kilometer lange Halbinsel zwischen dem Pazifik und der Sea of Cortez.

Tektonische Kräfte haben sie vor Millionen Jahren vom mexikanischen Festland losgerissen. Wenig Menschen, archaische Wüstenlandschaften, gesegneter Fischreichtum. Wir ankern in der weitläufigen Bahia Santa Maria. Hundert Meter vor Nomads Bug schäumen wuchtige Brecher an den langen Strand. Die einheimischen Fischer flitzen souverän mit ihren Pangas (offene Fischerboote ohne Kajüte) durch die Brandung, um in die geschützte Mangrovenlagune zu gelangen. Der Aufruhr des Ozeans steht im starken Gegensatz zur Gelassenheit an Land. Schnell zusammengezimmerte Bretterbuden schmiegen sich ans Ufer, Camps der Fischer aus San Mateos. „Die Langusten-Saison hat begonnen“, erzählt ein junger Mann. Deshalb auch die vielen Reusenbojen an den Flachs vor der Küste. Täglich fahren die Fischer raus in den offenen Pazifik, um die ausgelegten Langusten-Fallen zu checken. Den Fang bringen sie ins Camp und halten ihn dort in Körben unter Wasser lebendig, damit die Schalentiere so frisch wie möglich nach China exportiert werden können. Unser Spanisch ist noch recht holprig, immer wieder rutschen wir ins Französische, aber die Leute freuen sich, dass wir mit ihnen plaudern. Ein Fischer braucht dringend AA-Batterien für sein UKW-Funkgerät, im Gegenzug erhalten wir dafür zwei Lobster. Tauschhandel vom Feinsten.

Fürs Anlanden mit dem Beiboot braucht man gute Nerven, denn die Ausläufer der Pazifikdünung rollen in die Bucht und werfen wuchtige Brecher an den Strand. Akribisch beobachten wir daher jede Welle, entscheiden, ob sie uns zu groß erscheint oder klein genug, um auf ihr an Land zu surfen. Schuhe, Rucksack, Kamera – alles ist in wasserdichten Beuteln verpackt. Bewegungshungrige Seelen wie wir finden hier wunderbaren Auslauf. Wir spazieren durch eine kleine Schlucht zur Luvseite der Lazaro Halbinsel, wandern über die Falten der erodierten Geröllberge. Sogar Kakteen und Büsche sind vertrocknet, doch ab und zu duftet das sonnenverbrannte Gestrüpp intensiv wie ein Lutschbonbon.

Kleiner Strand in der Bahia Santa Maria

Unsere gestrig geplante Abfahrt haben wir vorerst verschoben, wir wollen noch ein wenig verweilen in dieser Oase der Ruhe, die aus der Zeit gefallen scheint. Eine rar gewordene Sphäre, hier herrscht großes Schweigen, nur der Wind pfeift über die Bucht und das Wasser klatscht an den Rumpf. Seit Tagen haben wir das Handy ausgeschaltet. Keiner weiß in diesen sonnendurchfluteten, einfachen, herrlichen Tagen, wo wir sind, was wir tun. Die Welt dreht sich weiter und kommt gut ohne uns aus. Saludos desde México!

Bahia Santa Maria von oben