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Gletscherblick

veröffentlicht am: 08. Juni 2018 | Doris Renoldner

6. Juni 2018 - Drei gnadenvolle Tage über den berüchtigten Golf von Alaska. Das Meer ist in diesem Winkel der Erde meist harsch,

stürmisch und rau. Doch diesmal passt alles. Am letzten Tag der bleigrauen Überfahrt reißt endlich die Wolkendecke auf und zaubert zaghaft die Eisriesen des Küstegebirges hervor. Vorhang auf, großes Schauspiel, solche Augenblicke vergisst man nie. Direkt aus dem Ozean steigt der Mount St. Elias über 5400 Meter in den Himmel. Monströs. Magnetisch. Fern und zugleich zum Greifen nah. Was für ein Glück. Dann der Gipfel des Mount Fairweather und als Draufgabe der La Perouse. Gletscher fließen ins Meer. Wogende Dünung. Das Segeln ist hier eher ein Driften, ein ewiges Treiben mit den Wassermassen.

Zehn Uhr abends, kaum Wind. Steuern den Cross Sound an, nördlichster Eingang zur Inside Passage. Tidenstrom läuft mit uns und glättet das Meer. Zehn Seemeilen liegen bis Elfin Cove noch vor unserem Bug. Ich stehe nervös im Cockpit und hoffe, dass das letzte Tageslicht für unseren Landfall ausreicht. Ansteuerungen von fremden Häfen mitten in der Nacht mag ich gar nicht. Abwechselnd kontrolliert einer von uns beiden unten in der Kajüte den Kurs am Plotter, der andere starrt angestrengt in die Dämmerung. Mit klopfendem Herzen identifiziere ich das Leuchtfeuer auf dem vorgelagerten Inselchen, als wir es querab haben, schwenken wir in die schmale Einfahrt. Schemenhaft erkennen wir den Anleger mit einer Handvoll Booten. Jemand ruft und dirigiert uns zum letzten freien Liegeplatz. Angekommen in Südost-Alaska. Knapp vor Mitternacht. Zufriedenheit im Bauch.

Elfin Cove ist über den Landweg nicht zu erreichen. Wer hierher will, kommt entweder übers Meer oder aus der Luft. Wie das Wasserflugzeug, dessen Getöse uns zeitig Früh aus dem Tiefschlaf reißt. Nomad liegt vertäut am Public Dock der äußeren Bucht. Ein zehn Meter schmaler Kanal, der bei Niedrigwasser fast trocken fällt, führt in einen von Land umschlossenen Naturhafen. Perfektes Piratennest. Putzige Pfahlhäuser schmiegen sich ans steile Ufer. Vom Boardwalk blicken wir auf ein Wirrwarr an Schwimmstegen, Rampen, morschen Holzkähnen, Fischerkuttern und Motorbooten. In dem kleinen Fischerdorf, in dem heute nur mehr 50 Menschen leben, gibt es ein Postamt, ein Museum, ein General Store, Coho´s Bar und einige Lodges, die sich auf Sportfischen spezialisiert haben.

Am Abend sitzen wir mit einem Gin Tonic am Ende des Stegs und genießen den "One Million Dollar"-Blick auf den Glacier Bay Nationalpark. Allein wegen diesem Panorama bleiben wir noch zwei Tage in Elfin Cove.

Elfin Cove im äußersten Nordwesten der Insel Chichagof, Südost-Alaska

 

Trailer


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