Ruf des Ozeans

wir werkeln fleißig an längst fälligen Wartungsarbeiten. Tauschen das Steuerbord-Fenster aus, kleben einen neuen Antirutsch-Belag auf die Heckplattform, sanieren die Niedergangstreppe, erneuern die Relingszüge, schleifen, grundieren, malen einige Spots an Deck. Ohne die regelmäßige Ration an Zuneigung und Pflege wird Nomad bockig. Die viele Segelei fordert eben ihren Einsatz. Und nein, noch immer würden wir Nomad niemals gegen ein neues Boot eintauschen wollen. Moderne Schiffe haben einfach nicht den Charme unserer weit gereisten Lady.

Wie es aussieht nehmen wir die Dinge und auch unsere Route seit Jahresbeginn irgendwie gelassener, langsamer, entspannter. Wir sind in unserem eigenen Rhythmus angekommen. So haben wir das Etappenziel Mexiko gestrichen und segeln stattdessen von hier direkt nach Französisch Polynesien. Knapp 3000 Seemeilen erwarten uns, wir werden wieder Mal den Äquator überqueren, werden einen Weg durch die Konvergenzzone finden, jener Streifen, wo Nordost- und Südostpassat aufeinander treffen und sich gerne matchen, wir werden durch Flauten treiben und unzählige Reffmanöver absolvieren, wir werden abwechselnd im Dreistundentakt Nachtwachen halten und gegen die Müdigkeit ankämpfen, wir werden Glücksmomente und schwierige Situationen erleben, wir werden uns abgenabelt fühlen und frei!

Wie bereitet man sich auf eine so lange Reise vor? Immer wieder grüble ich, ob wir auch ja nichts vergessen haben. Wir rechnen damit, drei bis vier Wochen am Pazifik unterwegs zu sein. Die Stauräume sind voll mit Essen, die Diesel- und Wassertanks gefüllt, die Spannung genauso groß wie im Jahre 1995, als wir mit unserer kleinen Susi Q von den Galapagos Inseln zu den Marquesas starteten. In der fernen Vergangenheit von 25 Jahren, benötigten wir 24 Tage für diese Überfahrt. Damals wie heute sind wir am Ozean auf uns allein gestellt. Dazu braucht man Vertrauen in sich selbst und ins Schicksal und die Zuversicht an die blaue Wasserwelt da draußen.