Der Zufall verschlug uns nach Rauris. Letzte Woche präsentierten wir in Kaprun unseren Vortrag PACIFIC ODYSSEY und dachten:
Warum bleiben wir nicht gleich ein paar Tage zum Skifahren in der Gegend? Da ich es gerne gemütlich habe, fuhren wir ins nahe gelegene Rauristal. Wir bezogen ein toll renoviertes Appartement in einem 500 Jahre alten Bauernhaus. 16 Pferde, 10 Kühe, zwei Katzen und ein Hund. Wir fühlten uns auf Anhieb wohl im Krotmoosgut.
Die Pisten in Rauris sind ruhiger als woanders, die Schlangen an den Liften kürzer. Schmale, am Vormittag perfekt präparierte, am Nachmittag etwas holprige Abfahrten. Das Skigebiet vermittelt einen Eindruck von Ausgewogenheit und Zurückhaltung. Unter unseren Skiern knarzt der Schnee. In kurzen Schwüngen tänzelt Wolf den Berg hinunter, wirbelt Wölkchen auf. Meistens fahren wir auf mittelschweren Pisten, lassen die Skier laufen, passieren Gruppen kleiner Kinder, die ihrem Skilehrer im Schneepflug hinterherrutschen. Bald schmerzen meine Oberschenkelmuskeln, offenbar müssen sich die Beine erst wieder an die ungewohnte Bewegung gewöhnen. Wie lange Skifahren in dieser Form überhaupt noch möglich ist, steht in den Sternen. Die Winter werden immer kürzer und wärmer, der Schnee immer weniger.
Am nächsten Tag unternehmen wir mit Markus Silbergasser eine Skitour zur Kolmkarscharte. Klirrende Kälte, Bäume voller Schnee, keine Wolke am Himmel. Als wir bei der Filzenalm ankommen, erblicken wir den Sonnblick und den Hocharn - zwei Traumberge in Weiß gehüllt. Unnahbar, unerreichbar, trotzdem magisch anziehend. Die Luft duftet nach Schnee, wie sehr ich diesen Geruch mag! Nach knapp drei Stunden Aufstieg erreichen wir die Scharte. Was für ein Geschenk, hier oben zu sein. Noch dazu bei völliger Windstille. Wir packen Jausenbrote, Müsliriegel und eine Thermoskanne mit Tee aus und setzen uns auf die Rucksäcke. Nach der Rast wartet ein fast unberührter Hang auf uns. Vereinzelte Spuren ziehen sich durch pulvriges Weiß. Dennoch fällt mir die Abfahrt über die teils windgepresste Schneeoberfläche schwer. Wolf und Markus hingegen flitzen elegant hinunter, warten geduldig, bis ich nachkomme. Auf der Suche nach ultimativem Pulver schwingen wir unbedarft eine Rinne hinunter, die am Ende sehr steil in ein felsiges Bachbett abbricht. Im Treppenschritt hangeln wir uns teilweise an Ästen in wieder fahrbares Gelände. Das kostet vor allem mir viel Kraft und Nerven.
Zum Schluss der Tour rattern wir auf einer eisigen Bergstraße zurück zum Parkplatz. Mit gefrorenen Fingern geht´s kilometerlang talwärts. Ich fühle mich wie zu einer Zeit, als Skifahren noch seine Unschuld hatte. Vielleicht ist es genau das, was ich im Moment brauche: Die Gewissheit, dass die Berge so bleiben, wie sie sind, während sich ringsum alles verändert.
Aufstieg zur Kolmkarscharte, im Hintergrund Sonnblick und Hocharn - Foto: Markus Silbergasser
Schattenspiel