Skip to main content

Wiederholungstäter

veröffentlicht am: 12. Juli 2024 | Doris Renoldner

Es heißt, man solle nie dorthin zurückreisen, wo man einmal glücklich gewesen ist.

Wir haben es dennoch getan. Sind von der Marquesas Insel Fatu Hiva direkt ins Tuamotu Atoll Tahanea gesegelt. 535 Seemeilen, vier Tage. Fast feierlich fühlt es sich an, durch den breiten Passe Teavatapu zu segeln. Unser Lieblingsplatz liegt in der SE-Ecke, neun Meilen quer Atoll. Dort lassen wir den Anker im türkisen, nur zweieinhalb Meter seichten Wasser fallen. Es ist immer noch so verdammt schön hier! Die unauslöschlichen Augenblicke, die wir hier erlebten, sind in unseren Köpfen abgespeichert, eingebrannt wie Kindheitserinnerungen. Natürlich scannen wir die Insel vor uns nach dem ab, was wir hier wieder sehen, wieder spüren wollen. Wir sind erschlagen von Eindrücken und Erinnerungen. Und es duftet wie damals: dieser Wahnsinnsgeruch nach Pandanus und Atoll-Tiare. Hallo, Tahanea! Da wären wir wieder.

Unser Lieblingsankerplatz in Tahanea

Zwei Tage später spielt das Wetter komplett verrückt, ein Trog zieht über unser Paradies, statt der angesagten acht Knoten aus Nordwest, stürmt es mit 50 Knoten aus Süd. Wir haben uns leider verholt und ankern auf der falschen Atollseite, stehen auflandig in der Brandung und fürchten um unser Schiff. Diese bangen Stunden habe ich in der aktuellen Yachtrevue-Ausgabe in meiner Kolumne „Rückenwind“ beschrieben, der Titel lautet „Himmel und Hölle“. Nachzulesen auf: www.yachtrevue.at

Jetzt wissen wir wieder, wie wenig es braucht, um einen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Als wir den ersten Schock überstanden haben, spülen wir den malträtierten Außenborder mit Süßwasser, zerlegen und reinigen ihn. Plötzlich braust ein Dingi heran. Wir können unseren Augen nicht trauen: Hans und Eva von der SY KAMIROS, die wir 2018 das letzte Mal genau hier getroffen haben. Kennengelernt haben wir uns bereits 1997 in Paleochora auf der Insel Kreta. Wir kamen damals von unserer ersten Weltumsegelung zurück ins Mittelmeer, die beiden waren in Aufbruchstimmung, wollten durchs Rote Meer. Wir überredeten sie westwärts zu segeln, schwärmten vom Pazifik. Schlussendlich steuerten sie tatsächlich gen Westen: Gibraltar – Kap Verde Inseln - Karibik. In Panama stellte Eva fest, dass sie schwanger war, und so segelten die beiden direkt nach Neuseeland, wo ihre Tochter Lola zur Welt kam. Heute, 27 Jahre später, stehen ihre beiden Kinder auf eigenen Füßen, und Eva und Hans sind wieder alleine unterwegs. Die Begegnung mit den beiden, die gemeinsamen Stunden und schönen Gespräche wischen unsere grauen Gedanken vom Unwetter weg. Tahanea fühlt sich erneut wie ein einziges großes Ausatmen an. Das verloren geglaubte Glück - wir spüren es wieder: Riffspaziergänge, schnorcheln mit Mantas, Kokosnüsse, Fische, Lagerfeuer am Strand. Noch einmal tauchen wir in diesen süßen Strom des Nichts ein, lassen alles auf uns zukommen. Ohne morgen, ohne gestern. Besser ist es nie gewesen.

Schnorcheln mit Mantas

 

 


Du liest gerne unseren Reiseblog?
Unterstütze uns mit einer Spende oder werde ein Sponsor. Das Geld investieren wir in Ersatzteile für die NOMAD & in unsere Webseite.