Everybody loves beginnings. Gerade zum Jahresauftakt träumen wir von neuen Abenteuern, neuen Perspektiven, neuen Wegen.
Wir schmieden Pläne und Neujahrsvorsätze, die oft schnell vom Alltag verschüttet werden. Aber ist nicht ohnehin jeder Tag ein kleiner Neubeginn, der voller Überraschungen steckt? Ja, der Alltag, er hat uns wieder. Gleich nach unserer Rückkunft nach Österreich verhielt sich die Zeit langsam, alles spürte sich neu und irgendwie aufregend an. Doch jetzt beginnt die Zeit schon wieder zu rasen, wahrscheinlich weil wir zu viel in sie hineinstopfen wollen.
Wolf meint, dass er an manchen Tagen mit mir kein Gespräch führen kann, es sei denn, es handle von Segelrouten oder vom Meer oder vom Wetter in Neuseeland, wo Nomad auf uns wartet. Er meint auch, dass mein Körper der einzige Teil sei, der in Österreich angekommen ist. Alles andere – also alles was zählt, blieb anscheinend auf See. Aber das stört mich nicht. Ich weiß, dass ich mit dem Meer etwas gemeinsam habe. Im menschlichen Körper herrscht dasselbe Verhältnis von Wasser zu Salz. Diese Tatsache hat mir immer sehr gefallen.

Großen Gefallen finde ich auch an der wunderbaren Landschaft in unserer näheren Umgebung. Sie ist bezaubernd und wunderschön. Eine Welt aus Schnee und Bergen, die zu Wanderungen und Skitouren einlädt. Wir ziehen unsere Kreise am Schneeberg, auf der Hohen Wand und auf der Rax, besuchen die Hengsthütte, das Almreserlhaus, das Hubertushaus. Wir sind zwar nicht mehr wirklich jung, aber wir sind auch nicht die Alten, wie ich sie mir als Kind vorgestellt habe. Mit gebeugten Rücken, Gehstöcken und diversen körperlichen Gebrechen. Ich denke, wir sind noch nicht richtig im Alter angekommen. An manchen Tagen schäme ich mich für meinen Körper und das, was er nicht mehr ist. Gleichzeitig schäme ich mich für diesen Gedanken. Ich bin Ende fünfzig, Wolf bald siebzig. Wenn es gut läuft, bleiben uns vielleicht noch zehn bis zwanzig Jahre. Wenn es schlecht läuft, kann es morgen vorbei sein. Darum fordern wir das Schicksal auf der Zielgeraden noch einmal heraus. Zu verlieren haben wir, so ist das eben, wenn man älter wird, nicht mehr viel. Wir reden, diskutieren über das bevorstehende Reisejahr. Welche Route würde uns interessieren? Wofür brennen wir noch? Sollen wir weiter über Fiji, Vanuatu und die Salomonen nach Australien? Oder doch rauf nach Japan und zurück in die Kälte Alaskas? Alles klingt gut und zugleich weit weg. Wir führen Gespräche, bei denen unsere Gedanken zu funkeln scheinen.

2025 wird gute und schlechte Tage für uns bereithalten, wir werden sie so nehmen wie sie kommen, werden uns durchschlagen und Seite an Seite um Untiefen und Hindernisse steuern. Die Unvorhersehbarkeit des Lebens macht es wahrscheinlich so unwiderstehlich. So wie das verschmitzte Funkeln in Wolfs braunen Augen, das immer aufblitzt, wenn er sich freut. Tja, zwei Wesen auf dieser Welt gibt es, die ich am besten kenne: meinen Mann und das Meer.
