Es gibt was zu feiern! Wolfis 70er! Für dieses besondere Jubiläum verstecken wir uns ein paar Tage im schönen Sellraintal und landen zwischen zwei Jahreszeiten: In den Bergen noch Winter, im Tal bereits Frühling.
Gerne denke ich an den Moment zurück, als ich Wolf zum ersten Mal sah. In einem Büro der Wiener Stadthalle, wo wir damals beide arbeiteten. Was mir sofort auffiel, war das Strahlen in seinen Augen. Wolf gehört bis heute zu jenen Menschen, die leuchten. Vor Energie, Zuversicht, Optimismus, Furchtlosigkeit. Einer, der für etwas brennt. Sei es das Bergsteigen, Skifahren, Segeln, die Natur, die Fotografie… Und er gehört zu den Männern, die für mich mit jedem Jahr besser aussehen. Männlicher, lässiger. Er rennt mit siebzig noch in Turnschuhen, Jeans und T-Shirt rum. Ist an allem interessiert und leicht zu begeistern.
Ich blicke zurück auf den langen, verschlungenen Weg, der uns zu dem Punkt führte, an dem wir heute stehen. Auf ca. 2700 Meter über dem Meer, knapp 200 Meter unter dem Gipfel der Lampsenspitze. Mehr geht derzeit nicht, mehr Kondition haben wir nicht. Wir fühlen uns komplett eingerostet und unfit, aber dankbar, dass wir uns haben. Seit 37 Jahren führe ich mit Wolf ein Leben, das ich so nie für möglich gehalten hätte. Wir überqueren Ozeane, reisen mit einem Segelboot, klettern auf Berge, unternehmen Skitouren, wir lachen und weinen gemeinsam, verbringen ein Jahr ums andere miteinander. Seite an Seite. Ein großartiges, ein wildes, die Welt umarmendes Leben.

Klar, das Altern lässt sich nicht verhindern. Natürlich spüren wir die Vergänglichkeit und erkennen, dass die Zukunft kürzer ist als die Vergangenheit. Aus diesem Grunde wollen wir die Tage und Nächte und jede einzelne Sekunde dazwischen genießen, all diese Augenblicke, die uns gemeinsam noch vergönnt sind. Der Ausdruck auf dem Gesicht meines Mannes ist heute wieder unwiderstehlich und erinnert mich an sein jüngeres Ich: die scharf gezeichneten Wangenknochen und das verschmitzte Funkeln in seinen braunen Augen, das immer aufblitzt, wenn es ihm gut geht.
Vielleicht liegt der Sinn des Lebens darin, an den Punkt zu gelangen, wo man nichts weiter braucht, als das Gesicht eines anderen anzusehen. Eines, das man besser kennt als sein eigenes, und in den Linien und Falten zu lesen. Den Jahresringen der gemeinsam verbrachten Zeit.