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Geschafft!

veröffentlicht am: 25. Mai 2025 | Doris Renoldner

Man kann es drehen und wenden wie man will. Wartungsarbeiten am Boot dauern immer doppelt so lange als gedacht.

Drei Wochen verbringen wir in der Oceania Werft von Port Whangarei, schrauben, schleifen, malen, lackieren, putzen, malochen an unserer guten alten Nomad. Es ist Mai, also Herbst in Neuseeland mit viel Regen, Wind und Kälte. Nach fünf weichgespülten Monaten in Österreich braucht es Zeit und Geduld, sich wieder an das umständliche Werftleben zu gewöhnen. Ein Leben zwischen Werkzeugen, Ersatzteilen, Farb- und Kochtöpfen. Und ja, in diesem Chaos arbeiten, kochen, essen, schlafen wir. Das Ganze vier Meter hoch und trocken über dem Betonboden. Ein Boot an Land - der Alptraum jedes Seglers.

Nomad in der Oceania Werft von Port Whangarei

Das erste Großprojekt heißt Motor. Allein der Gedanke daran, verursacht ein mulmiges Gefühl in meinem Magen. In unserem Reisegepäck flog ein neuer Wärmetauscher mit, einen halben Meter lang und acht Kilo schwer! Vermurksen wir die Reparatur, verzögert sich unsere Abreise. Und wir sind eh schon spät dran. Der erste Schwung Fahrtensegler ist bereits zurück in den Tropen. Also durchatmen. Wir bereiten den Eingriff vor: Skalpell, Schere und Tupfer. Nicht ganz. Dafür Schraubenschlüssel, Zangen, neue Dichtung, acht Millimeter Bolzen. Es kann losgehen. Zuerst müssen wir den gut 200 kg schweren Motor mit einem Kettenzug anheben und kippen, damit wir mehr Platz für die Montage haben. Stundenlang knien oder hocken wir vorgebeugt über dem Patienten. Ich bete, dass alles klappt. Sooft im Leben schraubt man ja nicht unbedingt einen Wärmetauscher an den Motorblock. Zwei Tage später ist es vollbracht. Der Motor sitzt wieder auf seinen Lagern, der Auspuffkrümmer ist montiert, die Lichtmaschine zurück an ihrem Platz, ebenso das Gewirr an Kabeln und Schläuchen. Und weil wir schon so tief in die Eingeweide der Maschine vorgedrungen sind, bauen wir auch die vier Einspritzdüsen aus und bringen sie in die Werkstatt zum Service. Nach 5000 Motorstunden war das auch bitter nötig! Dann die Stunde der Wahrheit. Wir legen einen Wasserschlauch ins Boot, stecken diesen in den Wasserfilter, damit der Motor gekühlt wird, dann presse ich die Lippen zusammen, halte die Luft an und drehe den Startschlüssel nach rechts. Der Anlasser klackt, doch der Motor eiert und springt nicht an. Auch nicht nach dem zweiten und dritten Versuch. Irritiert checkt Wolf die Lage. „Jössas“, ruft er „ich habe eine Dieselleitung nicht festgeschraubt. Das kann ja nicht funktionieren! Der Motor saugt Luft an. Schnell behebt er die Ursache und meint: „Jetzt sollte er aber starten!“ Und das macht er auch. Die Kolben stampfen, die Ventile klackern leise, alles klingt wie immer und noch viel besser! Halleluja!

Links: Wolfi beim Rollen der Antifoulingfarbe, rechts: Wolfi mit neuem Wärmetauscher

Dass wir zwischen den Regenschauern zwei Scheiben an Deck austauschen, die Farbe am Rumpf ausbessern, Antifouling streichen, neue Zinkanoden an Welle und Propeller anbringen, die neue Ankerkette alle zehn Meter markieren, den Ankerwirbelschäkel tauschen und unzählige Besorgungen machen, sei nur nebenbei erwähnt. Manchmal verzweifle ich, weil ständig dermaßen viel auf unserem Boot zu tun ist.

Vor wenigen Tagen haben wir in der Working Marina von Port Nikau festgemacht und setzen das Bootspuzzle weiter zusammen: Segel anschlagen, Reffleinen tauschen, Bimini auftuchen, an der Mastspitze die Windinstrumente montieren, einen neuen Radarreflektor an der Want festzurren, Rigg checken, … usw. Langsam fällt der Schorf der Werft von uns ab und es riecht nach Wind, Meer und Aufbruch. Häfen sind Zwischenwelten. Übergangszonen in die Ungebundenheit, noch halb Land, schon halb Wasser. Von hier müssen wir nur mehr 15 Seemeilen den Fluss stromabwärts tuckern und Nomads Bug hinaus in den offenen Pazifik steuern. Denn dort beginnt, wonach wir uns schon so lange sehnen: Meer, Himmel, Wolken, Wind. Oben Vögel, unten Fische. Sonst nichts. Dann ist unsere Weiterreise kein Traum mehr, auch keine Idee. Dann ist sie endlich Realität.

Nomad in der Working Marina von Port Nikau, endlich wieder im Wasser!

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